Ja, schon meine Oma hat mir erzählt, wie gesund Apfelessig ist. So neu ist der Hype um Apfelessig also nicht. Doch immer wieder wird Apfelessig ja auch als eine Art Wundermittel zum Abnehmen angepriesen.
Weil ich ein kleiner Technikfreak und superneugierig bin, habe ich bereits vor einiger Zeit mit einem Blutzuckermessgerät am Arm gemessen, was dahintersteckt. Ich fasse meine Ergebnisse am Ende des Artikels noch mal kurz zusammen.
Ich habe auch all die anderen Zuckerhacks ausprobiert, die in Büchern und sozialen Medien die Runde machen. Ab Episode 236 kannst du das alles nachhören oder nachlesen. Ich habe dir den Start der Zuckerhacks-Reihe HIER verlinkt.
Im Grunde geht es bei diesen Tricks jeweils darum, den Blutzuckerspiegel zu senken und damit das Fettspeicherhormon Insulin zum Chillen zu bringen – damit die Fettverbrennung nach einer süßen Mahlzeit weniger lange und nicht so heftig unterbrochen wird.
Heute wollen wir uns die wissenschaftliche Seite des Apfelessigtricks ansehen. Und bei der Gelegenheit auch einen Blick darauf werfen, ob Apfelessig weitere gesundheitlichen Vorteile hat, was im Apfelessig enthalten ist und wie man ihn zu sich nehmen kann.
Eine der Studien zum Thema ist recht neu, sie wurde im März 2024 veröffentlicht. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Apfelessig beim Abnehmen helfen kann (1). Die Teilnehmenden verloren innerhalb von 3 Monaten bis zu 8 Kilogramm Körpergewicht.
An der Studie nahmen 120 übergewichtige Erwachsene teil, die in vier Gruppen eingeteilt wurden. Drei dieser Gruppen tranken jeden Morgen 5, 10 oder 15 Milliliter in Wasser verdünnten Apfelessig. Eine vierte Gruppe erhielt ein Scheinpräparat (Placebo). Nach zwölf Wochen zeigte sich, dass die Gruppen, die Apfelessig getrunken hatten, deutlich abgenommen hatten. Wie das sein kann, werden wir gleich genauer betrachten.
Wie wird Apfelessig hergestellt?
Apfelessig entsteht durch einen Fermentationsprozess, bei dem der in den Äpfeln enthaltene Zucker durch Mikroorganismen in Essigsäure umgewandelt wird. Zunächst werden die Äpfel zu Apfelsaft gepresst. Der Saft enthält Zucker, vor allem Glukose und Fruktose, die als Ausgangsstoffe für die Fermentation dienen.
In der ersten Phase der Fermentation wandeln Hefen den Apfelsaft in Alkohol um. In der zweiten Phase wird der Alkohol in Essigsäure umgewandelt. Die Essigsäure ist dann auch für den sauren Geschmack verantwortlich. Die ursprünglich im Apfel enthaltenen Nährstoffe bleiben in reduzierter Form auch im Essig erhalten. Was das genau ist, werden wir uns gleich noch ansehen.
Wie gesund ist Apfelessig?
Schauen wir uns an, was Apfelessig noch alles kann.
- Förderung der Verdauung
Die Essigsäure im Apfelessig kann die Produktion von Verdauungsenzymen anregen. Das fördert die Verdauung, vor allem bei fettreichen Mahlzeiten. Außerdem kann Apfelessig helfen, den pH-Wert im Magen zu regulieren und Symptome wie Sodbrennen oder Blähungen zu lindern. Eine Studie, die zeigt, dass Essigsäure die Verdauung fördert, indem sie die Produktion von Verdauungsenzymen anregt, habe ich im Beitrag zu dieser Episode verlinkt (4).
- Apfelessig kann den Cholesterinspiegel senken
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Apfelessig den Cholesterinspiegel senken kann (5). Die cholesterinsenkende Wirkung wurde an Ratten untersucht. Sie fanden heraus, dass Essigsäure zur Senkung des Cholesterinspiegels beiträgt, indem sie den Fettstoffwechsel verbessert und die Aufnahme von Fetten in den Blutkreislauf verringert.
- Unterstützung der Entgiftung
Die im Apfelessig enthaltene Essigsäure kann den Stoffwechsel von Leber und Nieren unterstützen und so dem Körper helfen, Giftstoffe effizienter auszuscheiden. Die Ergebnisse einer Studie zeigen, dass Essigsäure eine potenziell schützende Wirkung auf die wichtigsten Entgiftungsorgane hat (6).
Was ist in Apfelessig enthalten?
B-Vitamine
Apfelessig enthält eine geringe Menge an B-Vitaminen, darunter B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B6 und B12. Diese Vitamine spielen eine wichtige Rolle für den Energiestoffwechsel, die Zellgesundheit und die Funktion des Nervensystems. Auch wenn nur kleine Mengen in den Körper gelangen, können sie ihn in die richtige Richtung lenken.
Vitamin E
Ein starkes Antioxidans, das vor Zellschäden schützt und die Gesundheit der Haut unterstützt.
Kalium
Dieser Mineralstoff ist wichtig für die Regulierung des Wasserhaushalts und des Blutdrucks. Kalium beugt außerdem Muskelkrämpfen vor und unterstützt die Nervenfunktion.
Kalzium
Ein wichtiger Baustein für gesunde Knochen und Zähne. Kalzium ist auch wichtig für die Muskelkontraktion und die Blutgerinnung.
Magnesium
Ein weiterer essenzieller Mineralstoff, der zur Muskelfunktion, zum Energiestoffwechsel und zur Regulierung des Blutdrucks beiträgt.
Enzyme
Ungefilterter, roher Apfelessig enthält natürliche Enzyme, die den Verdauungsprozess unterstützen können.
Polyphenole
Polyphenole sind Antioxidantien pflanzlichen Ursprungs. Sie helfen, den Körper vor oxidativem Stress und Entzündungen zu schützen.
Wie beeinflusst Apfelessig den Stoffwechsel?
Schauen wir uns nun an, wie Apfelessig den Stoffwechsel beeinflussen oder beim Abnehmen helfen kann. Zum einen regt der saure Geschmack der Essigsäure die Speichelbildung an, unterstützt damit die Ausschüttung von Magensäure und regt die Produktion von Verdauungssäften im Darm an.
Was bedeuten kann, dass Kohlenhydrate bzw. Zucker schneller verstoffwechselt werden. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass Essig den Blutzuckerspiegel regulieren kann, indem er die Insulinproduktion positiv beeinflusst (2)
Kleine Wiederholung: Ist Insulin lange und in großen Mengen im Körper unterwegs, blockiert es den Fettabbau für lange Zeit. Ist Insulin nur kurz und in kleinen Mengen unterwegs, wird die Fettverbrennung kaum beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass das Auf und Ab des Blutzuckerspiegels auch das Hungergefühl steuert. Ein ausgeglichener Blutzuckerspiegel hilft also, Heißhungerattacken zu vermeiden.
Eine schwedische Studie konnte zeigen, dass der Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit durch Essigsäure positiv beeinflusst werden kann (3). In dem Experiment erhielten zwölf Versuchspersonen nach einer Fastennacht eine Portion Weißbrot mit Essig in unterschiedlichen Konzentrationen. Die Auswertung der Blutproben zeigte, dass bei den Teilnehmern mit der höchsten Essigsäuredosis der Blutzuckerspiegel und die Insulinwerte am deutlichsten sanken.
Apfelessig und der Blutzuckerspiegel
Die Wirkung von Apfelessig bzw. Essigsäure auf den Blutzuckerspiegel nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit beruht auf mehreren Mechanismen. Im Wesentlichen beeinflusst die Essigsäure die Kohlenhydratverdauung, die Glukoseaufnahme und die Insulinsensitivität.
Verlangsamung der Magenentleerung
Essigsäure verzögert die Magenentleerung, was bedeutet, dass die Nahrung langsamer vom Magen in den Dünndarm gelangt. Wenn Kohlenhydrate langsamer verdaut werden, wird auch die Freisetzung von Glukose ins Blut verlangsamt. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Essen weniger stark an. Man isst zwar Raketenzucker, aber aus der Rakete wird ein Raketchen – aber noch kein Schneckenzucker (8).
Hemmung der Enzyme, die Kohlenhydrate abbauen
Essigsäure hemmt bestimmte Enzyme im Dünndarm, die für den Abbau komplexer Kohlenhydrate verantwortlich sind. Dadurch wird weniger Glukose auf einmal freigesetzt, was den Blutzuckeranstieg verlangsamt (9).
Die im Apfelessig enthaltene Essigsäure beeinflusst den Kohlenhydratstoffwechsel auf vielfältige Weise und trägt dazu bei, dass der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr kohlenhydratreicher Mahlzeiten langsamer und weniger stark ansteigt. Dabei spielen die Verlangsamung der Magenentleerung und die Hemmung der kohlenhydratspaltenden Enzyme eine entscheidende Rolle.
Funktioniert es auch mit anderem Essig?
Der entscheidende Wirkstoff ist die Essigsäure, die in allen Essigsorten enthalten ist. Wissenschaftlicher konnten zeigen, dass Weißweinessig, Rotweinessig oder Balsamicoessig ähnliche Wirkungen haben. Eine Studie hat gezeigt, dass Essig die Glukosereaktion nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit um etwa 30 % senken kann, unabhängig davon, ob es sich um Apfelessig oder eine andere Essigsorte handelt (7).
Ich finde diese Zahl von 30 % noch einmal sehr schön, weil sie zeigt, dass wir es hier nicht mit einem Wundermittel zu tun haben, dass durch das Trinken von Essigwasser die Blutzuckerspitzen verschwinden, sondern dass sie nur kleiner werden, was natürlich sehr wertvoll ist.
Also ja, auch andere Essigsorten senken den Blutzuckerspiegel, da die Essigsäure in allen Sorten eine zentrale Rolle spielt. Apfelessig bietet jedoch zusätzliche gesundheitliche Vorteile, die von den spezifischen Nährstoffen abhängen, die in Äpfeln enthalten sind.
Selbstversuche mit Blutzuckersensor
So, und jetzt noch einmal kurz zu meinen Erfahrungen mit dem Blutzuckersensor. An einem Tag habe ich Sushi gegessen, ohne vorher Apfelessig zu trinken. Am nächsten Tag habe ich zur gleichen Zeit unter den gleichen Bedingungen die gleiche Menge Sushi gegessen. Was soll ich sagen? Die Blutzuckerkurve bei der Portion Sushi mit Apfelessig stieg weniger steil an und pendelte sich dementsprechend schneller wieder auf ein normales Niveau ein.
Bedeutet das, dass dieses Experiment bei jedem Menschen gleich funktioniert? Natürlich nicht. Es kommt auch darauf an, wie gut deine Bauchspeicheldrüse funktioniert und wie empfindlich deine Körperzellen auf Insulin reagieren.
Ich kann auch ohne Apfelessig sehen, dass meine Bauchspeicheldrüse bzw. Insulin gute Arbeit leistet, also den Blutzucker schnell senkt. Wenn du eine Insulinresistenz oder Typ-2-Diabetes hast, sind die Ausgangswerte einfach viel höher. Das heißt, die ganze Kurve geht viel steiler nach oben. Aber der Apfelessig kann das natürlich auch abfedern.
Wann und wie Apfelessig einnehmen?
Es wird empfohlen, etwa 300 ml Wasser mit zwei bis drei Esslöffeln Apfelessig – am besten naturtrüber Bio-Apfelessig – zu mischen. Die Mischung sollte etwa 15 Minuten vor dem Essen getrunken werden. Ich persönlich trinke einen guten Apfelessig vom Biomarkt auch pur oder gieße ihn über den Salat. Hier darfst du dich selbst langsam rantasten und eventuell mit einer kleinen Menge Apfelessig auf 0,3 Liter Wasser beginnen.
Apfelessig: Keine Wunderlösung!
All diese blutzuckersenkenden Tricks sind eine gute Möglichkeit, die eine oder andere Sünde ein wenig auszugleichen. Du kannst aus dem Raketenzucker eine kleinere Rakete machen. Denn was wir bei all dem nicht vergessen dürfen: Wir verändern die Geschwindigkeit, mit der der Zucker ins Blut rast. Nicht aber die Menge.
Es bringt also nichts, ständig Pudding, Kuchen, Chips und Schokolade – also sehr viel Zucker zu naschen und dazu Apfelessig zu trinken. Diese große Menge an Zucker muss trotzdem verstoffwechselt werden, wodurch der Fettstoffwechsel brach liegt.
Mein Tipp: Fokussiere dich nach wie vor auf einer Ernährung mit frischen Nahrungsmitteln wie Obst, Gemüse, Salat, Hülsenfrüchten, Fisch, Geflügel, Fleisch, Milchprodukten und Eiern. Und wenn du doch mal eine zuckerhaltige Mahlzeit zu dir nimmst, kannst du mit Apfelessig einen kleinen Ausgleich schaffen.
Quellen
- (1) Abou-Khalil, R., Andary, J., & El-Hayek, E. (2024). Apple cider vinegar for weight management in Lebanese adolescents and young adults with overweight and obesity
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(2) Max-Planck-Gesellschaft: Essigsäure hemmt Ausschüttung von Insulin
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3) European Journal of Clinical Nutrition, Vinegar supplementation lowers glucose and insulin responses and increases satiety after a bread meal in healthy subjects
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(4) Johnston, C. S., Gaas, C. A. (2014). Vinegar: Medicinal Uses and Antiglycemic Effect. *Nutrition Reviews*, 72(10), 651–661. https://doi.org/10.1111/nure.12141
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(5) Filippou, C. D., & Tsioufis, C. P. (2020). Impact of combined dietary intervention on improving arterial stiffness and other hemodynamic indices: a systematic review and meta-analysis. *European Journal of Nutrition*, 60(2), 775–787
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(6) Fushimi, T., Suruga, K., Oshima, Y., & Fukiharu, M. (2006). Dietary acetic acid reduces serum cholesterol and triacylglycerols in rats fed a cholesterol-rich diet. *Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry*, 70(10), 1283–1289
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(7) Johnston, C. S., Kim, C. M., & Buller, A. J. (2004). Vinegar improves insulin sensitivity to a high-carbohydrate meal in subjects with insulin resistance or type 2 diabetes. Diabetes Care, 27(1), 281-282.
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(8) Östman, E., Elmståhl, H., Malmberg, I., & Björck, I. (2005). Vinegar supplementation lowers glucose and insulin responses and increases satiety after a bread meal in healthy subjects. *European Journal of Clinical Nutrition, 59*(9), 983-988.
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(9) Fujita, T., & Nakano, Y. (2019). Effect of vinegar intake on blood glucose levels and insulin responses in healthy adults: A systematic review and meta-analysis. The Journal of Nutritional Biochemistry, 71, 11-18.