350 – Hormonersatztherapie in den Wechseljahren! Fluch oder Segen?

Veröffentlicht am: 22. April 2025
Kategorie: Podcast

Hormone oder nicht – was hilft mir wirklich in den Wechseljahren? Diese Frage stellen sich viele Frauen, wenn sie plötzlich nachts wach liegen, sich erschöpft fühlen, ihr Gewicht sich verändert – und sie sich selbst kaum wiedererkennen. Als schnelle Lösung wird oft eine Hormonersatztherapie angeboten. Die Beschwerden einfach „weghormonen“ – das klingt ja schon verlockend. Aber ist das wirklich die einzige Möglichkeit? Oder nur die bekannteste?

In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick darauf:  Was genau verbirgt sich hinter der Hormonersatztherapie – und was sagen die Studien dazu? Sind bioidentische Hormone wirklich eine sanfte Alternative? Welche Chancen und Risiken sind gut belegt und wo gibt es noch Wissenslücken? Und warum lohnt es sich, den eigenen Lifestyle als echten Hebel zu verstehen?

Und um das gleich klarzustellen: Diese Folge ist kein Plädoyer gegen Hormone, sondern für bewusste Entscheidungen. Denn die Wechseljahre sind ein ganz natürlicher Übergang in eine besondere Lebensphase.

Was wir uns sehr bewusst machen müssen – während die Sexualhormone langsam auf Sparflamme schalten, können auch andere gewichtige Hormone wie Insulin (Zucker- und Fettstoffwechsel), Cortisol (Stresshormon) und Melatonin (Schlafhormon) aus dem Takt geraten. Doch genau hier liegt unsere Chance: Mit Ernährung, Bewegung, Schlaf und Selbstfürsorge kannst du sie wieder in Balance bringen. Und damit auch dich selbst.

Dieser Beitrag entsteht auch deshalb, weil ich immer wieder darauf angesprochen werde „Daniela, was hältst du eigentlich von der HET.“ Hinzu kam das Interviews mit der Krebsforscherin und Autorin Dr. Hanna Heikenwälder, das ich in der letzten Episode/Beitrag geführt habe.

Wir sind an dieser Stelle auf einer Wellenlänge, die da heißt: Keine Panik vor der HET, doch auch kein unachtsamer Umgang mit einem Medikament, das in natürliche, altersbedingte Abläufe unseres Hormonsystems eingreift.

 

Die Wechseljahre – eine natürliche Phase!

 

Warum wir aufhören sollten, die Menopause als „Krankheit“ zu behandeln – und stattdessen den Wandel verstehen dürfen.

Die Wechseljahre sind keine Störung. Sie sind kein Fehler im System, den es zu beheben gilt. Sie sind ein natürlicher biologischer Übergang – so natürlich wie die Pubertät, die ja auch nicht spurlos an uns vorbeigegangen ist. Es passiert genau das, was die Natur vorgesehen hat: Der Körper stellt sich um. Der Hormonspiegel verändert sich, um sich an diesen neuen Lebensabschnitt anzupassen.

Das was uns jetzt natürlicherweise fehlt, Progesteron und Östrogen, soll möglichst schnell ersetzt werden: mit Hormonen in Cremes oder Kapseln. Was dabei übersehen wird: Nicht jede körperliche Veränderung bedeutet, dass wir behandelt werden müssen. Vieles lässt sich verstehen, annehmen – und auf natürliche Weise begleiten. Die Frage sollte also nicht lauten: Wie bringe ich meinen Körper ins Vorher zurück, sondern: Wie kann ich ihn heute – im Jetzt – gut unterstützen?

 

Hormonersatztherapie – Was steckt dahinter?

 

Was hinter dem Versprechen steckt, Beschwerden einfach „wegzuhormonen“ – und warum es so einfach nicht ist.

Die Idee klingt simpel: Wenn bestimmte Hormone sinken, geben wir sie dem Körper einfach zurück – und schon ist das Gleichgewicht wiederhergestellt. Genau dieses Versprechen steckt hinter der klassischen Hormonersatztherapie, die in den letzten Jahren eine Art Renaissance erlebt hat. Tatsächlich kann sie bei starken Wechseljahresbeschwerden helfen – vor allem, wenn sie frühzeitig, niedrig dosiert und zeitlich begrenzt eingesetzt wird. Doch so einleuchtend die Theorie klingt, so komplex ist die Realität.

Denn Hormone wirken nie isoliert. Sie greifen in fein abgestimmte Regelkreise ein, beeinflussen das Immun- und Stoffwechselsystem, das Herz-Kreislauf-System, das Nervensystem und vieles mehr. Die Entscheidung für eine Hormontherapie sollte daher immer unter sorgfältiger ärztlicher Begleitung und nach gründlicher Risiko-Nutzen-Abwägung getroffen werden – und nicht aus dem Wunsch heraus, wieder zu funktionieren wie mit 35.

Ich sehe es immer wieder, dass Hormonersatztherapien als eine Art Anti-Aging-Produkt vermarktet werden. Als Schutz vor Osteoporose, Demenz, Hautalterung, Libido Verlust. Dabei werden Risiken oft nur am Rande erwähnt – etwa die erhöhte Brustkrebsrate in bestimmten Teilgruppen, das Thromboserisiko oder mögliche Effekte auf die Gefäße.

Was oft fehlt, ist eine differenzierte Betrachtung: Nicht jede Frau profitiert von Hormonen. Nicht jede Frau braucht sie. Und viele Beschwerden lassen sich auf andere Weise lindern – ohne in den Hormonhaushalt einzugreifen.

Und noch mal: Mir ist natürlich klar, dass viele Frauen Symptome haben, die die Lebensqualität sehr einschränken. Genau hier geht es dann darum, abzuwägen. Gemeinsam mit den behandelnden Fachleuten und Ärzten. Diese Episode/dieser Artikel kann dir nur Impulse geben. Falls du tiefer in das Thema einsteigen willst – ich habe ein paar aussagekräftige Studien im Beitrag zu dieser Episode verlinkt.

 

Sind bioidentische Hormone wirklich harmlos? 

 

Ein kritischer Blick auf den Hype um „pflanzlich, körperidentisch, harmlos“ – und warum auch sie nicht ohne Risiko sind.

Der Begriff „bioidentisch“ klingt erst einmal beruhigend. Doch bioidentisch bedeutet eigentlich nur, dass die chemische Struktur des Hormons identisch mit dem Hormon ist, das unser Körper selbst produziert – zum Beispiel Estradiol oder Progesteron. Es sagt nichts darüber aus, wie das Hormon wirkt, wie sicher es ist oder woher es stammt.

Auch bioidentische Hormone werden oft synthetisch aus pflanzlichen Stoffen wie Yamswurzel oder Soja hergestellt (1). Auch diese Hormone wirken aktiv im Körper, beeinflussen die Schleimhäute, das Brustgewebe, den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System. Und auch sie bergen – je nach Anwendungsform, Dosierung und individuellen Risikofaktoren – mögliche Nebenwirkungen (2).

Studien deuten darauf hin, dass transdermale Anwendungen (z. B. Pflaster oder Gele) zum Beispiel das Thromboserisiko möglicherweise weniger erhöhen als orale Präparate, aber auch hier fehlen Langzeitdaten. Bezüglich des Brustkrebsrisikos gibt es derzeit keine eindeutigen Belege dafür, dass bioidentische Hormone per se sicherer sind als andere Formen der Hormontherapie (3).

 

Was die Wissenschaft sagt – und was nicht. 

 

Und was nicht gesagt wird. Eine Einordnung der aktuellen Studienlage: Nutzen, Risiken, Studiendesign – und was oft unerwähnt bleibt.

Wenn es um die Hormonersatztherapie geht, ist die Studienlage ein häufig genanntes Argument – in beide Richtungen.

Befürworter verweisen auf neue Erkenntnisse, Kritiker auf Langzeitdaten mit Warnzeichen. Doch was sagt die Forschung wirklich aus? Und welche Schlüsse lassen sich aus den bisherigen Ergebnissen tatsächlich ziehen?

Zunächst: Viele Erkenntnisse stammen aus großen, einflussreichen Studien wie der WHI (Women’s Health Initiative) (4) oder der britischen Million Women Study (3). Beide zeigten unter anderem ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, Thrombosen und kardiovaskuläre Ereignisse unter bestimmten Hormonzusammensetzungen. Die Ergebnisse diverser Studien führten zu einem deutlichen Rückgang der Verordnungen – und zu einer intensiven wissenschaftlichen Diskussion.

In den letzten Jahren wurden diese Daten differenzierter betrachtet: Hormonart, Alter bei Therapiebeginn, Anwendungsform und Einnahmedauer spielen eine wichtige Rolle. Einige neuere Studien deuten darauf hin, dass ein früher Therapiebeginn (in den ersten Jahren nach der Menopause) unter bestimmten Bedingungen verträglicher sein könnte – vor allem, wenn niedrig dosiert und transdermal verabreicht wird (5).

Aber: Auch diese Ergebnisse gelten nicht für alle Frauen und sind keinesfalls frei von Unsicherheiten.

Ein weiterer Punkt, der selten diskutiert wird: Viele der neueren Studien wurden an jungen, gesunden Frauen durchgeführt – oft an Frauen, die gerade erst in die Wechseljahre gekommen sind. Langzeitdaten über Jahrzehnte fehlen größtenteils noch. Gerade beim Thema Krebs – einer Erkrankung, die sich oft erst nach vielen Jahren und Jahrzehnten manifestiert – sind die vorhandenen Studien einfach noch zu jung, um wirklich belastbare Aussagen über das Risiko treffen zu können.

Viele der großen Studien sind zudem Beobachtungsstudien mit eingeschränkter Aussagekraft. Randomisierte kontrollierte Studien – also der Goldstandard – sind seltener und oft auch nicht langfristig genug angelegt, um sichere Aussagen zur Krebsentstehung oder zu chronischen Erkrankungen treffen zu können.

Zudem sind viele Versuchsgruppen wenig divers: Alter, genetische Faktoren und Vorerkrankungen werden nicht immer ausreichend berücksichtigt. Und: Studien sagen wenig darüber aus, was es bedeutet, ein Leben lang auf Hormongaben angewiesen zu sein. Oder welche Langzeiteffekte auf das Mikrobiom, die Gefäßgesundheit oder die Psyche zu erwarten sind.

Kurz: Die Wissenschaft liefert Erkenntnisse – aber keine einfachen Wahrheiten. Wer Hormone nimmt oder darüber nachdenkt, sollte sich nicht von vereinfachten Aussagen leiten lassen. Sondern genau hinschauen, welche Fragen eine Studie beantwortet – und welche noch offen sind.

Okay, lass uns zu den Lösungen kommen. Wie können wir versuchen, uns hier aus der Bredouille zu holen?

 

Dein Lebensstil ist die beste Medizin!

 

Wie Ernährung, Bewegung, Schlaf und Stressbewältigung die Beschwerden lindern können – ganz ohne Hormone.

Viele Frauen unterschätzen den Einfluss, den sie selbst auf ihre Wechseljahresbeschwerden nehmen können – jenseits von Tabletten und Therapien. Tatsächlich ist der Lebensstil ein sehr wirksamer Hebel. Ein achtsames Feintuning des Lifestyles kann helfen, Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Gewichtszunahme oder Stimmungsschwankungen spürbar zu lindern. Ein Schlüssel dazu ist natürlich die Ernährung, über dieses Thema haben wir hier im Podcast immer wieder sehr ausführlich gesprochen.

Besonders wertvoll: Phytoöstrogene aus geschroteten Leinsamen (6), Hülsenfrüchten und fermentierten Sojaprodukten – sie können auf sanfte Weise hormonähnlich wirken, ohne den Körper zu belasten (7).

Und ja, Bewegung ist eine Wunderpille. Auch bei Wechseljahresbeschwerden. Bewegung hebt die Stimmung, reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus, unterstützt das Herz-Kreislauf-System und senkt das Osteoporoserisiko. Alles, was nicht Sitzen ist, ist Bewegung. Spazierengehen, Radfahren oder Yoga wirken nicht nur körperlich, sondern auch geistig.

Ein oft unterschätzter Faktor ist Schlaf und Erholung. Du weißt, dass ich hier im Podcast geradezu gebetsmühlenartig über dieses Thema spreche. Gerade in den Wechseljahren verändert sich der Schlaf – er wird leichter, unruhiger. Ein gute Schlafhygiene, abendliche Rituale und bewusste digitale Pausen unterstützen einen natürlichen Melatonin Stoffwechsel.

Und schließlich: Stress. Chronischer Stress bringt den Hormonhaushalt zusätzlich durcheinander. Das Stresshormon Cortisol wirkt, wie ein Gegenspieler von Progesteron – je mehr davon im Umlauf ist, desto stärker können Wechseljahresbeschwerden ausfallen. Bewusste Auszeiten, Meditation oder auch ein achtsames Nein gegen die Überforderung im Alltag sind daher keine Wellness-Luxusmaßnahmen – sondern echte Selbstfürsorge.

 

Fazit

 

Die Wechseljahre sind kein medizinischer Notfall. Sie sind ein natürlicher Abschnitt im Leben jeder Frau – mit Herausforderungen, aber auch mit Chancen. Eine Hormonersatztherapie kann in bestimmten Fällen hilfreich sein, ist aber kein Selbstläufer und kein Allheilmittel. Sie erfordert Wissen, Abwägung und eine ehrliche Auseinandersetzung mit Risiken und Alternativen.

Dabei darf der Einfluss des eigenen Lebensstils nicht unterschätzt werden. Letztlich geht es nicht um ein Entweder-oder. Es geht darum, eine bewusste Entscheidung zu treffen – gut informiert, gut begleitet und im Einklang mit dem eigenen Körper.

 

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